DEMIT – Hintergrund und Veranlassung

Was ist demokratische Informationstechnologie (DEMIT) – welchen Hintergrund hat DEMIT

1. Hintergrund und Geschichte von DEMIT

Ich arbeite seit über 25 Jahren im öffentlichen Dienst und habe in dieser Zeit funktionsgebunden als Verantwortlicher auch sehr viel mit politischen Ausschüssen zu tun gehabt. In den politisch besetzten Ausschüssen einer Kommune werden die Entscheidungen in einer Kommune getroffen, die nicht als Geschäft im Rahmen der laufenden Verwaltung abgearbeitet werden können.
Zudem ist es üblich, dass die Verwaltungen die politischen Ausschüsse regelmässig über laufende und geplante Projekte innerhalb ihrer Zuständigkeiten informieren.
Die kommunalen Verwaltungen bereiten für gewöhnlich sogenannte Vorlagen für die politischen Beratungen in den Ausschüssen vor, in denen sie zu verschiedenen Fachthemen eine Vorgehensweise darlegen und mit einem Beschlussvorschlag versehen. Entweder tun sie das, weil die politischen Gremien steuernd tätig sind und bestimmte Themen bearbeitet sehen wollen oder weil die Verwaltungen selbst bestimmte Themenbereiche qua gesetzlicher oder eben selbstverwaltender Funktion in den Fokus rücken wollen. Für gewöhnlich ist das ein auf Gegenseitigkeit beruhendes Wechselwirkungsgefüge, so dass man im Sinne der eigenen Bevölkerung Dinge initiiert, weiter voran bringt oder eben wieder aufgibt und abschafft.
Ein besonderes Merkmal dieser politisch besetzten Ausschüsse ist nach meiner Erfahrung die, dass die zum Teil mit sehr hohem fachlichem Aufwand angefertigten Vorlagen und Beschlussvorschläge zumindest auf der kommunalen Ebene nicht mit der entsprechenden Aufmerksamkeit seitens der Kommunalpolitik behandelt werden. Und dabei geht es häufig um sehr weitreichende Beschlüsse mit einem zum Teil sehr hohen Finanz- und Personalaufwand. Immer und immer wieder habe ich es erlebt, dass die Vorlagen erst zum Zeitpunkt der Sitzung durch die PolitikerInnen zum ersten Mal in groben Zügen gelesen oder leider auch immer und immer wieder in die Fraktionen zurück überwiesen und erst Wochen später in einem zweiten, dritten Anlauf zur Abstimmung gebracht wurden.
Diese Art des Umgangs führte und führt zu ganz erheblichen zeitlichen Verzögerungen und wenn man dann nicht besonders engagierte Ausschussvorsitzende oder Bürgermeister, Landräte hat, die darauf drängen zur Entscheidung zu kommen, dann können die dadurch erzeugten Verzögerungen sogar Projekte ganz verhindern, weil z. B. Antragsfristen für Fördermittel versäumt werden.
Das empfand und empfinde ich als so ärgerlich und nervenstrapazierend (einmal ganz von der dadurch verhinderten Effektivität des Verwaltungshandelns abgesehen), dass ich mir vor über 10 Jahren dann überlegte, wie man diese Problemstellung so bearbeiten kann, dass es mehr und vor allem schnellere Entscheidungen in einem prinzipiell knapp bemessenen Zeitraum geben kann.
In den vielen Jahren meiner Ausschusstätigkeit haben sich folgende grundlegende Fragestellungen ergeben:
1. Warum kann ich als BürgerIn nicht schnell und unkompliziert erfahren, was in den politischen Gremien von wem wie entschieden wird?
2. Warum muss ich dazu stets auf die klassischen Medien (also Tageszeitungen, TV-Sendungen, Internetportale des klassischen und alternativen Medien) zugreifen? Gibt es keine Möglichkeit der direkteren Teilhabe ?
3. Wie also, das ist die Kernfrage, kann ich die Volksvertretungen überhaupt kontrollieren und direkt daran teilhaben wer, was, wann und wie entscheidet in meinem Staat!? Ist das überhaupt vorgesehen?

Nun, werden Sie sagen, es gibt doch Ratsinformationssysteme und virtuelle Sitzungsdienste. Da kann ich doch schnell mal schauen, welche Ausschüsse tagen und auch die Beschlussvorlagen einsehen.
Stimmt, sage ich. Doch kann ich auch einsehen, wer genau in diesem Fachausschuss sitzt und ob und vor allem wie dann entscheiden wurde? Und kann ich auch selbst mein Votum als BürgerIn abgeben ?
Ersteres – also Sitzungsdienste, die im Internet darstellen, welche Ausschüsse zu welchen Themen wann tagen und wer in diesen Ausschüssen als VolksvertreterIn, richtiger als repräsentierendEr, demokratisch LegitimiertEr gewählt wurde, mag es ja heutzutage schon in vielen Kommunen geben. So finden sich zum Teil schon recht komfortable virtuelle Sitzungsdienste im Internet, die hier detaillierte Informationen bereit halten, bis hin zur Möglichkeit, die entsprechende Sitzungsvorlage im Originalwortlaut herunterladen und damit lesen zu können: Das ist schon einmal gut, wobei nach wie vor ein Großteil der deutschen Kommunen lediglich Sitzungstermine bekannt gibt und die Querverweise zu Protokollen, Sitzungsvorlagen doch recht mager bis gar nicht vorhanden sind. Und wenn es Protokolle der Sitzungen gibt, dann erst einige Wochen später, wenn z. T. dann schon wieder erneute Fachausschusssitzungen stattgefunden haben, zu denen es dann wiederum nur diese marginale Informationspolitik seitens der Verwaltungen gibt, also keine Protokolle oder gar Sitzungsunterlagen.
Ich sage hier nicht, dass es überall so ist, doch schauen Sie einfach selbst nach und sicherlich werden Sie das o.a. Szenario des Nichtvorhandenseins immer wieder auffinden können. Wir sind im Jahr 2015, nicht im Jahr 2005 oder etwas früher…! Das mögen Sie bitte bei Ihrer eigenen Betrachtung berücksichtigen.Finden Sie nicht auch, dass heutzutage durchaus als selbstverständlich betrachten darf, dass die Verwaltungen nicht nur einen marginalen Sitzungsdienst anbieten, sondern alle relevanten Unterlagen für die öffentlich tagenden Ausschüsse vollständig und zeitnah im Internet veröffentlichen!?!